16. November 2023
Liebe Leserinnen, liebe Leser,
wir erleben derzeit täglich, dass die natürliche Intelligenz der Menschen nicht ausreicht, um die globalen und regionalen Herausforderungen zu lösen. Kann Künstliche Intelligenz (KI) einen Beitrag leisten? Oder schafft sie zusätzliche, möglicherweise noch bedrohlichere Probleme? Diese Fragen treiben die Politik um. Als Antwort darauf richten sowohl Großbritannien als auch die USA neue AI Safety Institutes ein, um eine sichere und vertrauenswürdige KI zu schaffen. KI-basierte Anwendungen sollen künftig verpflichtende Tests durchlaufen, um Risiken für die nationale Sicherheit oder die öffentliche Gesundheit zu minimieren. Zudem kündigt ein neues Dekret von US-Präsident Biden eine Kennzeichnungspflicht für KI-generierte Inhalte an.
Weiterhin sieht das Dekret vor, die internationale KI-Zusammenarbeit auszubauen, um weltweit einheitliche Standards zu etablieren. Ende Oktober verständigten sich zunächst die G7-Staaten auf gemeinsame Leitprinzipien und einen Verhaltenskodex. Eine deutlich größere Gruppe von 28 Ländern (darunter Brasilien, China, Indien, Japan, Südkorea, Nigeria und Saudi-Arabien) kamen auf Einladung der britischen Regierung Anfang November zu einem AI Safety Summit zusammen. Schauplatz des Treffens war „Bletchley Park“, in dem der britische Forscher Alan Turing während des Zweiten Weltkriegs arbeitete. Mit seinem bahnbrechenden Aufsatz zu denkenden Maschinen schuf Turing 1950 Grundlagen für die KI-Forschung. Die sogenannte „Bletchley Erklärung“ nimmt nun die unterzeichnenden Regierungen und Unternehmen in die Verantwortung, KI-Anwendungen auf potenzielle Gefahren zu testen sowie Prüf- und Evaluierungsergebnisse zu teilen.
Über KI hinausgehend, rücken das Monitoring und die Bewertung von Technologien zunehmend in den Mittelpunkt forschungs- und innovationspolitischer Diskussionen. Die US-Wissenschaftsstiftung NSF hat kürzlich ein System für die Bewertung von kritischen Technologien geschaffen und eine erste Pilotstudie zu KI, Halbleitern, Biopharmazeutika sowie Energie und Materialien publiziert. Vor dem Hintergrund geopolitischer Spannungen plädiert eine Veröffentlichung zur Forschungspolitik der EU ebenfalls für den Aufbau eines europäischen Technologie-Monitoring. Ein weiterer Vorschlag ist, auf EU-Ebene ein Äquivalent zu der erfolgreichen US-amerikanischen Förderorganisation DARPA zu schaffen und diese zusätzlich auf Nachhaltigkeitsziele auszurichten. Wir wünschen Ihnen eine erkenntnisreiche Lektüre zu diesen und vielen anderen strategischen Entwicklungen in der internationalen Forschungs-, Bildungs-, Technologie- und Innovationspolitik, die wir in der vorliegenden Ausgabe für Sie ausgewählt und aufbereitet haben. Wenn Sie Themenvorschläge für die nächste Ausgabe haben, sprechen Sie uns an.
Ihre Sonja Bugdahn und Anna März |